Institut für Baustoffe Forschung Forschungsprojekte
Dauerhaftigkeitsnachweise chemisch beanspruchter Betone und Betonbauteile: Nachweise beim chemischen Angriff durch organische und anorganische Säuren

Dauerhaftigkeitsnachweise chemisch beanspruchter Betone und Betonbauteile: Nachweise beim chemischen Angriff durch organische und anorganische Säuren

Year:  2019
Remarks:  IGF-Vorhaben Nr. 20389 N

Forschungsvereinigung

Deutscher Beton- und Bautechnikverein e.V. (DBV)

Kooperierende Forschungsvereinigung

Forschungsvereinigung der deutschen Beton- und Fertigteilindustrie e.V.

Forschungsstellen und Partner

Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit folgender Forschungsstellen durchgeführt:

Forschungsstelle 1:

Leibniz Universität Hannover (LUH), Institut für Baustoffe, Prof. Ludger Lohaus, Prof. Michael Haist

Forschungseinrichtung 2:

Technische Universität Berlin (TUB), Institut für Bauingenieurwesen, Fachgebiet Baustoffe und Bauchemie, Prof. Dietmar Stephan

Forschungseinrichtung 3:

Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Massivbau und Baustofftechnologie, Abteilung Baustoffe und Betonbau, Prof. Frank Dehn

Als Industriepartner waren folgende Unternehmen und Verbände eingebunden:

  • Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E. V.
  • Forschungsvereinigung der deutschen Beton- und Fertigteilindustrie e. V.
  • Deutsche Bauchemie e. V.
  • Berliner Wasserbetriebe
  • MC-Bauchemie Müller GmbH & Co. KG
  • BERDING BETON GmbH
  • Materialprüfinstitut Nord des BAU-ZERT e. V.
  • Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord e. V.
  • Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e.V.
  • BAU-ZERT e.V.
  • Betonwerk Neu-Ulm GmbH & Co. KG
  • Implenia Construction GmbH

Die Federführung des Projekts lag beim Verbundpartner Leibniz Universität Hannover.

Laufzeit:

01.01.2019 – 31.12.2021 (kostenneutrale Verlängerung bis 30.09.2022)

Zusammenfassung

Bauteile und Bauwerke aus Beton sind in vielen Anwendungsbereichen von Abwasseranlagen, Landwirtschaft und chemischer Industrie einem chemischen Angriff durch organische und anorganische Säuren ausgesetzt. Abhängig von chemischen Merkmalen (pH-Wert, Sulfatgehalt, etc.) erfolgt eine Einstufung in Expositionsklassen. Die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit chemisch beanspruchter Bauteile erfolgt darauf basierend weitgehend deskriptiv. Abhängig von der Einstufung nach Expositionsklassen werden Mindestanforderungen an die Zusammensetzung, die Herstellung, den Einbau und die Nachbehandlung des Betons gestellt. Dieses Konzept stößt jedoch durch den Einsatz neuartiger Betone, Bauweisen oder durch nicht normativ geregelte Expositionen an Grenzen. Neben den erfahrungsbasierten Konzepten zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit stehen auch leistungsbezogene Konzepte zur Verfügung, die basierend auf einer quantitativen Betrachtung der Dauerhaftigkeit zu erwartende Einwirkungen und Materialwiderstände gegenüberstellen.

Im Forschungsprojekt wurde zunächst ein leistungsbezogenes Prüfkonzept für typische XA‑Beanspruchungen sowie - basierend auf einem Schädigungsmodell - ein Nachweiskonzept entwickelt. Anschließend wurden für eine Beanspruchung außerhalb es standardisierten XA‑Bereichs („XA+“) Beanspruchungsgrößen für den chemischen Angriff durch Abwasser, Industrie und Landwirtschaft identifiziert und geeignete anwendungsspezifische Prüf- und Nachweiskonzepte entwickelt. Abschließend wurde ein Schnellprüfverfahren zum Einsatz in der Qualitätssicherung entwickelt und in Vergleichsuntersuchungen hinsichtlich Robustheit und Selektivität untersucht.

Im Rahmen von Vergleichsuntersuchungen an den Forschungsstellen wurde zunächst die Vergleichbarkeit der Prüfrandbedingungen verschiedener Prüfapparaturen zum chemischen Angriff von Beton und Mörtel betrachtet. Es zeigte sich, dass unter Einhaltung vergleichbarer Prüfrandbedingungen vergleichbare Schädigungen auftreten. Abhängig vom jeweiligen Versuchsaufbau traten Streuungen in den Prüfrandbedingungen sowie daraus resultierend in der auftretenden Säureschädigung auf. Als wesentliche, zu betrachtende Prüfrandbedingungen zeigten sich die Calciumsättigung, Säurekonzentration sowie die Dynamik (Durchmischung/Strömung) des Prüfmediums und das Probenhandling während der Säureuntersuchungen. In Vergleichsuntersuchungen mehrerer Verfahren zur Erfassung der Schädigungstiefe säuregeschädigter Proben erwies sich die Auflichtmikroskopie als ausreichend. Basierend auf einem Schädigungsmodell („Diffusions-Abtrags-Modell“), welches auf Grundlage physikalischer Prinzipien die Schädigungstiefe beim Säureangriff prognostizieren kann, konnte ein Nachweiskonzept aufgestellt werden, das einen leistungsbezogenen Nachweis ermöglicht.

Für Umgebungsbedingungen außerhalb der standardisierten XA-Beanspruchungen wurden anschließend von den verschiedenen Forschungsstellen relevante Beanspruchungsgrößen charakterisiert und ein jeweiliges anwendungsspezifisches Prüfkonzept, bestehend aus auf die jeweilige Anwendungssituation angepassten Prüfapparaturen und Prüfrandbedingungen, entwickelt und ein geeignetes Nachweiskonzept vorgeschlagen. Die Anwendungsbereiche erstreckten sich dabei über Abwasser (Technische Universität Berlin), Industrie (Leibniz Universität Hannover) und Landwirtschaft (Karlsruher Institut für Technologie).

Abschließend wurde an der Forschungsstelle Leibniz Universität Hannover ein Schnellprüfverfahren zur Charakterisierung des Säurewiderstands von Beton für den Einsatz in der Qualitätssicherung entwickelt. Mit dem Schnellprüfverfahren wurde ein Prüfverfahren zur Qualitätssicherung entwickelt, das im Rahmen regelmäßiger Produktprüfungen kostengünstig und schnell die Korrosionskinetik erfasst und damit deutlich schneller als herkömmliche Verfahren Aussagen zur Reproduzierbarkeit des Materialwiderstands bzw. des Säurewiderstands ermöglicht. So können im Rahmen von Stichproben die Produktions- und Ausführungsqualität gezielt überprüft und bei Abweichung geeignete Anpassungen ergriffen werden.

Die im Forschungsprojekt gesetzten Ziele zur Entwicklung eines Nachweiskonzepts für Expositionsklassen ≥XA3 und XA+ sowie der erforderlichen Anpassungen für leistungsbezogene Nachweise in den Bereichen Abwasser, Industrie und Landwirtschaft wurden erreicht. Das entwickelte Schnellprüfverfahren erfüllte in Vergleichsuntersuchungen die Anforderungen zum Einsatz in der Qualitätssicherung.

 

Der wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Nutzen der durchgeführten Untersuchungen ist damit, dass durch die leistungsbezogenen Prüf- und Nachweiskonzepte ein für standardisierte XA-Beanspruchungen geeigneter Rahmen für leistungsbezogene Bauteilnachweise geschaffen wurde. Basierend auf experimentellen Untersuchungen zum Materialverhalten unter Säurebeanspruchung kann der Abtrag modellhaft abgebildet und im Rahmen der leistungsbezogenen Bemessung berücksichtigt werden. In Erweiterung typischer XA-Beanspruchungen („XA+“) wurden charakteristische Einwirkungsgrößen in Abwasser, Industrie und Landwirtschaft erfasst und entsprechende Prüf- und Nachweiskonzepte für eine leistungsbezogene Nachweisführung vorgeschlagen, die Anwendung für bauteilbezogene Nachweise oder im Rahmen individueller Nachweisführungen (z. B. gutachterlicher Stellungnahmen) finden können. Mit dem Schnellprüfverfahren wurde ein Prüfverfahren zur Qualitätssicherung entwickelt, das mit einem einfachen und kostengünstigen Aufbau und mit vergleichsweise kurzer Prüfdauer die Anforderungen an Durchführbarkeit, Genauigkeit und Selektivität für einen Einsatz in der täglichen Praxis ermöglicht.

Danksagung:

Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des IGF-Vorhabens 20389 N „Dauerhaftigkeitsnachweise chemisch beanspruchter Betone: Nachweise beim chemischen Angriff durch organische und anorganische Säuren“ durchgeführt, welches über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde. Die forschenden Stellen danken dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein e. V., der Forschungsvereinigung der deutschen Beton- und Fertigteilindustrie e. V. als kooperierende Forschungsvereinigung, der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. (AiF) sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für die Förderung und Unterstützung. Dank gilt insbesondere auch den Berliner Wasserbetrieben für die Nutzung der Kanalforschungsanlage, der Deutschen Bauchemie e. V. für die Diskussionen, BERDING BETON GmbH für die Bereitstellung von Mitteln für zusätzliches Personal zur Unterstützung der Untersuchungen zur Konzeption des Schnellprüfverfahrens, für Beratungsleistungen zur Qualitätssicherung sowie für die Bereitstellung von Betonen für die Vergleichsuntersuchungen des Schnellprüfverfahrens, dem Deutschen Ausschuss für Stahlbeton e.V. (DAfStb) für die Bereitstellung von Mitteln für zusätzliches Personal für die Erarbeitung eines standardisierten Prüfkonzepts, dem Materialprüfinstitut Nord des BAU-ZERT e. V. für die Durchführung von Vergleichsuntersuchungen des Schnellprüfverfahrens, der MC Bauchemie Müller GmbH & Co. KG für die Bereitstellung von Personal für vergleichende Laboruntersuchungen sowie für die Bereitstellung von Ausgangsstoffen, dem Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord e. V. für Beratungsleistungen zur Qualitätssicherung sowie dem projektbegleitenden Ausschuss und allen beteiligten Partnern für die hervorragende, wissenschaftlich äußerst spannende und menschlich sehr angenehme Zusammenarbeit.